Vom „Stillen Örtchen“ zum Design-Objekt
Es ist noch nicht so lange her, da waren Toiletten bei uns nichts als eine Notwendigkeit. Man ging auf das „Stille Örtchen“, um sich – wie man es verlegen ausdrückte – „zu erleichtern“. Auf dem Land war es oft die enge, völlig schmucklose Holzhütte außerhalb des Hauses, mit dem berüchtigten Brett oben drauf und einem großen Loch darin, das klassische „Plumpsklo“ eben, ohne jegliche Spülung, und natürlich ungeheizt. In ärmlichen Gegenden tat das „Häusl“, wie es die Bayern nennen, bis in die Nachkriegszeit und darüber hinaus seinen wichtigen Dienst. An Ästhetik dachte da niemand. Und die Zeitung, die man auf diesen Ort mitnahm, diente meist nicht zum Lesen

Die ersten bekannten Toiletten gab es bereits vor über 4.000 Jahren (Wikipedia). In der Indus-Kultur (ca. 2.600–1.900 v. Chr.) wurden Abwassersysteme mit steinernen Toilettenanlagen genutzt. Auch die alten Ägypter hatten fortschrittliche Klos mit Wasserspülung. Die Römer wiederum perfektionierten das System mit öffentlichen Latrinen und weitreichenden Abwasserkanälen. Doch das ist wiederum Jahrtausende her. In den dichtest besiedelten und ärmsten Regionen der Welt kennen zahllose Millionen Menschen heute noch immer keine Toilette. In Indien etwa, auf dem Land oder in den Slums, verrichten sie nach wie vor „das Geschäft im Freien“.

In unseren Regionen sind Toiletten inzwischen weit mehr als nur funktionale Räume. Sie sind, von den meisten Gesellschaften allerdings gern ignorierte Zeugen der jeweils dominierenden Architektur und Kultur. Ihre Gestaltung spiegelt den Zeitgeist wider, vereint das Nützliche und Hygienische mit Ästhetik und beeinflusst damit unser Wohlbefinden und ist nicht selten ein Ort der Kommunikation, der vor allem von jüngeren Frauen gern genutzt wird. Vom minimalistischen Luxus moderner Designerbäder bis hin zu den kunstvollen Verzierungen historischer Sanitärräume: Toiletten könnten vermutlich Geschichten erzählen (wenn sie nicht gerade durch zu häufigen Missbrauch verstopft sind).

Von der Latrine zur Designikone

Vom hölzernen Häusl zur Luxus-Toilette war es natürlich ein längerer Weg. Heute ist das “WC”, oder “00” oder das Klo in unseren Breiten ein durchdachtes Element der Innenarchitektur. Selbst kleinere Neubau-Wohnungen von weniger als 70 m² kommen kaum noch ohne Gäste-Toilette aus. Japanische High-Tech-Toiletten haben beheizte Sitze und erzeugen musikalische Klänge, um das als peinlich geltende Pinkel-Geräusch zu überdecken. Andere Stilrichtungen setzen auf Funktionalität. In Luxusrestaurants und Luxus-Bars werden Toilettenräume zu Erlebniswelten – mit stimmungsvollem Licht, hochwertigen Materialien und kunstvollen Wandverkleidungen. Auf der Grazer Mur-Insel etwa funkelte der Toilettenraum vor Jahren wie ein Sternenpalast für Wesen aus einer fernen Galaxie. In Wien konnte man in den 2000er Jahren in einer U-Bahnstation sein „Geschäft“ auf Sitzen in stilvollem, kaiserlichem Rot zu Walzerklängen von Strauß verrichten.

Ein Ort der Reflexion

Die Farben und Materialien eines Toilettenraums beeinflussen maßgeblich die Atmosphäre der Luxus-Klos. Heute spielt aber die Funktionalität die wichtigste Rolle. Berührungslose und Wasser-sparende Spülungen, intelligente Lüftungssysteme fördern nicht nur die Hygiene, sondern die Nachhaltigkeit.Toiletten sind nicht nur Orte der Notdurft – sie bieten auch Momente der Ruhe und Entspannung. In unserer hektischen Welt ist der Gang zur Toilette oft die einzige Pause im Tagesgeschehen; der Ort „zu dem der Kaiser allein hingeht“, wie uns früher erzählt wurde. Duftspender verwandeln dazu die früher übel riechende Kloake, das stinkende Pissoir in eine künstliche und hell beleuchtete Duftwelt, sauber und auf Hochglanz gehalten von einer adretten Klofrau (oder einem Klo-Mann) mit Mindestlohn.

Hier gehts zur Bild-Reportage „Toiletten-Ästhetik“

 

 

Toilet aesthetics

From a “quiet little place” to a design object

It wasn’t so long ago that toilets were nothing more than a necessity here. You went to the “quiet little place” to – as we sheepishly put it – “relieve yourself”. In the countryside it was often the narrow, completely unadorned wooden hut outside the house, with the infamous plank as a seat and a large hole in it: the classic “outhouse”, without any flushing, and of course unheated. In poor neighbourhoods , the “Häusl”, as the Bavarians call it, did its essential job until the post-war period and beyond. Nobody thought about aesthetics there. And the newspaper that we took to this place was usually not for reading!

Incidentally,the first known toilets existed over 4,000 years ago (according to Wikipedia). In the Indus civilisation (approx. 2,600-1,900 BC), sewage systems with stone toilets were used. The ancient Egyptians also had advanced flush latrines. The Romans in turn perfected the system with public latrines and extensive sewers. But that was thousands of years ago. In the most densely populated and poorest regions of the world, hundreds of millions of people up to this day still have no toilets. In India, for example, in the countryside or in many slums, they still have to “do their business in the open”.

In our regions, toilets are now far more than just functional rooms. They are, however, often ignored by most societies as witnesses to the dominant architecture and culture. Their design reflects the spirit of the times, combines the useful and hygienic with aesthetics and thus influences our well-being and is often a place of communication that is particularly popular with younger women. From the minimalist luxury of modern designer bathrooms to the ornate decorations of historic washrooms: toilets could probably tell stories (if they weren’t clogged with too much abuse).

From latrine to design icon

Of course, it was a long way from the wooden house to the luxury toilet. Today, the toilet, or 00 or the loo of yesteryear, is a well thought-out element of interior design. Even smaller new-build flats of less than 70 square metres can hardly do without a guest toilet. Japanese high-tech toilets have heated seats and produce musical sounds to cover up the embarrassing noise of peeing. Other styles focus on functionality. In luxury restaurants and luxury bars, toilet facilities become worlds of experience – with atmospheric lighting, high-quality materials and artistic wall panelling. On the Mur Island in Graz, for example, the toilet room sparkled years ago like a starry palace for beings from a distant galaxy. In Vienna in the 2010s, you could do your “business” in a metro station on seats in stylish red to the sounds of Strauss waltzes.

A place of reflection

The coloursand materials of a toilet room have a significant influence on the atmosphere of luxury toilets. Today, however, functionality playsthe most important role. Touch-free and water-saving flushes, intelligent ventilation systems not only promote hygiene, but also sustainability. Toilets are not just places of necessity – they also offer moments of peace and relaxation. In our hectic world, going to the toilet is often the only break in the day; the place “where the emperor goes alone”, as we used to be told. Fragrance dispensers transform the formerly foul-smelling cesspit, the stinking urinal, into an artificial and brightly lit world of scents, kept clean and shiny by a smart toilet attendant on minimum wage.

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