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Fiaker gehören seit Jahrhunderten zum Stadtbild Wiens. Im Gebiet des 1. Bezirks verstopfen sie vor allem in den Sommermonaten ständig die schmalen Gassen. Touristen lieben sie, selbst wenn sie sich eine Tour mit offenem Verdeck angesichts der stattlichen Preise für eine Fahrt nicht leisten können. Doch die meisten Tierschützer im schönen Österreich hassen sie (oder zumindest ihre Betreiber), und natürlich sind sie für die Autofahrer am oft Stau-verstopften „Ring“ ein permanentes Ärgernis.
Die Zahl der aktiven Pferdekutschen in Wien schwankt und wird zurzeit auf etwa 80 geschätzt. Fast alle sind liebevoll restaurierte Fahrzeuge aus dem 19. Jahrhundert. Die älteste trägt das stolze Baujahr 1860. Gelenkt werden die Kutschen, die von mindestens 160 speziell ausgebildeten Pferden gezogen werden, von etwa 200 Kutschern, die vor allem in der Hochsaison im Schichtbetrieb, oft schon vom frühen Morgen bis in die Nachtstunden an den zentralen Plätzen im 1. Bezirk stehen.

Wien – Hochbetrieb am Wochenende
© Foto: Christian Fürst
Meist sind die strikt festgelegten Touren etwa 30 oder 60 Minuten lang. Wer Schwierigkeiten hat, den Fiaker-Kutscher in seiner Fantasie-Uniform bei dem gelegentlichen Verkehrslärm etwa auf dem Ring und dem lauten Geklapper der acht Pferdehufe zu verstehen, der sollte versuchen einen Platz auf dem Kutscherbock zu ergattern. Die meisten der Kutscher haben gute Kenntnisse der Wiener Stadtgeschichte. Zumindest reicht sie für die häufig ahnungslosen Touristen aus, die für eine Tour in Wien zwischen 50 € (30 Minuten) und 120 Euro (60 Minuten für bis zu vier Fahrgäste) zahlen müssen. In Salzburg sind dagegen für eine Stunde schon bis zu 200 Euro und mehr fällig.
Ein stattlicher Preis, könnte man meinen. Doch wenn man bedenkt, dass die hübschen Pferde aus tiermedizinischen Gründen ja nur jeden zweiten Tag angespannt werden dürfen, aber natürlich auch an den Ruhetagen Futter verbrauchen und täglich gepflegt werden wollen, dann erscheint der Preis plötzlich gar nicht mehr so hoch.

Wien – Die Arbeit der Kutscherinnen und Kutscher wird nicht gut bezahlt, weshalb immer mehr Studenten den “Job” übernehmen.
© Foto: Christian Fürst
Doch Wiens Fiaker haben, wie Anfangs erwähnt, nicht nur Freunde in der Hauptstadt, obwohl selbst die Gegner der Kutschen und ihrer hübschen Zugpferde zugeben werden, dass sie aus dem Tagesgeschehen in der Hauptstadt nicht wegzudenken wären. Und so mussten die Besitzer der Fiaker und auch die Pferde selbst über die vergangenen Jahrzehnte immer wieder Einschränkungen bei der Arbeit hinnehmen. Die finanziellen Belastungen der Eigner zwang sie erwartungsgemäß zur Anhebung der Preise.
Besonders heftig war der Streit um die berühmten „Pferdeäpfel“. Der intensive Geruch des Pferdekots war nicht nur den Wienern unangenehm in die Nase gestiegen, und so wurden die Betreiber der Ställe 2003 gezwungen, die spöttisch „Pferdewindeln“ genannten, mobilen Tragesäcke zu verpassen, die so zwischen Pferdehintern und Kutsche angebracht sind, dass die umstrittenen „Äpfel“ nicht mehr auf die Straße, sondern gleich in die „Windel“ fallen. Nach wie vor umstritten ist, ob die Tiere nicht auch „hitzefrei“ bekommen sollten, wenn die Temperaturen im Zuge des Klimawandels über die 35 Grad-Marke oder sogar schon über die 30 Grad steigen. Schon heute werden die Tiere aber bei großer Hitze regelmäßig abgespritzt. Die meisten Fiaker-Kutscher weisen darauf hin, dass das Wetter den Tieren ja „nix ausmacht“. Immerhin seien Pferde Steppentiere, die von Natur aus bei krassen Temperaturen im Freien gelebt hätten.

Wien – Selbst Schnee hält die Fiakerkutscher nicht von der Arbeit ab
© Foto: Christian Fürst
Voraussichtlich wird sich der Konflikt zwischen Fiaker-Betreibern und Tierschützern angesichts der gegensätzlichen Ansichten kaum lösen lassen. Möglich allerdings, dass sich die Zukunft der Wiener Fiaker am Ende durch die steigenden Preise für die Fahrten durch den Markt von alleine löst, wie von der Presse der Stadt schon seit Jahren prophezeit wird, oder man befolgt den nicht ganz ernst gemeinten Rat eines Fiaker-Kutschers, der eine Lösung des Streits „nur dann sieht, wenn man die Pferd in die Kutschen setzt und der Fiaker sie zieht!“

Wien – Szenen wie aus dem 19. Jahrhundert
© Foto: Christian Fürst
Hintergrund:
Fiaker (benannt nach dem irischen Mönch und Pferdeheiligen Fiacrius) tauchten im kaiserlichen Wien schon im 17. Jahrhundert auf. Zuvor hatten die ersten französischen Kutscher in Paris an einem Platz mit dem Namen des St. Fiacrius ihren Standplatz gefunden. Bis dahin mussten „einfache“ Bürger der Stadt alle Wege durch die – damals natürlich viel kleinere Stadt zu Fuß machen. Reichere Bürger wiederum ließen sich mit Sänften durch die engen Straßen tragen, ritten hoch zu Ross, oder besaßen eigene Gespanne. Dann, im Jahre 1693, wurden die ersten Lizenzen für Wiener Fiaker-Betreiber vergeben. Die Fiaker wurden schnell so populär, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fast 800 Kutschen im öffentlichen Nahverkehr Wiens unterwegs waren. Inzwischen ist die Zahl der Fiaker und der Kutscher deutlich zurückgegangen und die Drohung der Wiener Kutscher könnte Wirklichkeit werden: „Wenn‘s so weiter geht, landen halt alle in der Wurst“.
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Horse-drawn carriages have been part of Vienna’s cityscape for centuries. In the First District, they constantly clog the narrow streets, especially in the summer months. Tourists love them, even if they cannot afford a ride with the top down given the hefty prices charged for a trip. However, most animal rights activists in beautiful Austria hate them (or at least their operators), and of course they are a constant nuisance for motorists on the often congested ‘Ring’-Road.
The number of active horse-drawn carriages in Vienna fluctuates and is currently estimated at around 80. Almost all of them are lovingly restored vehicles from the 19th century. The oldest one proudly bears the year 1860. The carriages, which are pulled by at least 160 specially trained horses, are driven by around 200 coachmen who, especially in the high season, work in shifts, often from early morning until late at night, at the central squares in the 1st district.
Most of the strictly defined tours last around 30 or 60 minutes. If you find it difficult to understand the Fiaker coachman in his fantasy uniform amid the occasional traffic noise on the Ring and the loud clatter of eight horses’ hooves, you should try to grab a seat on the coachman’s box. Most of the coachmen have a good knowledge of Vienna’s city history. At least it is enough for the often clueless tourists who have to pay between €50 (30 minutes) and €120 (60 minutes for up to four passengers) for a tour of Vienna. In Salzburg, on the other hand, you can expect to pay up to €200 or more for an hour.
A hefty price, you might think. But when you consider that the beautiful horses are only allowed to be harnessed every other day for veterinary reasons, but of course still need to be fed and cared for every day, even on their days off, the price suddenly doesn’t seem so high.
However, as mentioned at the beginning, Vienna’s horse-drawn carriages do not only have friends in the capital, although even opponents of the carriages and their pretty draft horses will admit that they are an integral part of everyday life in the capital. As a result, the owners of the horse-drawn carriages and the horses themselves have had to accept repeated restrictions on their work over the past decades.
The dispute over the famous ‘horse droppings’ was particularly heated. The intense smell of horse manure was unpleasant not only to the Viennese, and so in 2003 the stable operators were forced to fit mobile carrying bags, mockingly called ‘horse nappies’, between the horses’ hindquarters and the carriages so that the controversial ’apples’ no longer fall onto the street but straight into the ‘nappy’. It remains controversial whether the animals should also be given ‘heat leave’ when temperatures rise above 35 degrees or even 30 degrees as a result of climate change. However, the animals are already regularly hosed down in hot weather. Most carriage drivers point out that the weather does not bother the animals. After all, horses are steppe animals that have lived outdoors in extreme temperatures by nature.
Given the opposing views, the conflict between Fiaker operators and animal rights activists is unlikely to be resolved. However, it is possible that the future of Vienna’s horse-drawn carriages will ultimately be decided by rising prices for rides through the market, as the city’s press has been predicting for years, or that the not entirely serious advice of a horse-drawn carriage driver will be followed, who sees a solution to the dispute ‘only if the horses are put in the carriages and the carriages pull them!’
Background
Fiaker (named after the Irish monk and horse saint Fiacrius) appeared in imperial Vienna as early as the 17th century. Previously, the first French coachmen had found their stand in Paris at a square named after St. Fiacrius. Until then, ‘ordinary’ citizens of the city had to make all their way through the – at that time, of course, much smaller – city on foot. Wealthier citizens, on the other hand, were carried through the narrow streets in sedan chairs, rode on horseback or owned their own carriages. Then, in 1693, the first licences for Viennese Fiaker operators were issued. The Fiakers quickly became so popular that in the second half of the 19th century, almost 800 carriages were in operation in Vienna’s public transport system. In the meantime, the number of Fiaker carriages and drivers has declined significantly, and the threat made by the Viennese drivers could become a reality: ‘If things continue like this, we’ll all end up in the sausage.’